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INTERVIEW mit PwC-Managerin: Wie lassen sich Kinder und Karriere in M&A vereinbaren?

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Nach einem BWL-Studium hat Astrid Mayerhöfer 1995 ihre Karriere im Bereich Corporate Finance bei PwC begonnen, wo sie sich kurz darauf auf M&A spezialisierte. In 2000 wechselt sie als Projektleiterin M&A zu der Investmentbanking-Boutique Leonardo & Co. Dort avancierte sie in 2006 zum Chief Operating Officer (COO). Seit Anfang 2014 übt sie die gleiche Funktion bei PwC im Bereich Transactions aus. In einem Interview erklärt die dreifache Mutter, wie sich Kind und Karriere vereinbaren lassen.

Wie ist Ihnen Ihre Karriere mit Kindern gelungen?

Ich war immer voll berufstätig. Meine Kinder sind jetzt zehn, acht und fünf Jahre alt. Ich war jeweils sechs bis acht Monate nach den Geburten nicht im Büro – beim ersten Kind allerdings nur vier Monate, weil wir damals viele Projekte zu betreuen hatten. Nach der Geburt meines zweiten Kindes bin ich bei Leonardo von der beratenden Seite, also von der Projektarbeit, in eine Managementfunktion gewechselt. Und genau die gleiche Funktion übe ich nun bei PwC aus. Es handelt sich gewissermaßen um die Position des COO für den Bereich Transactions mit über 450 Mitarbeitern und einem Umsatz, der im dreistelligen Millionenbereich liegt. Dieser umfasst die Teilbereiche Bewertung, Transactions Services, Business Recovery Services und M&A.

Im Investment Banking gilt M&A als einer der Geschäftsbereiche mit der höchsten Arbeitsbelastung. Wochenendarbeit und Wochenarbeitszeiten von 100 Stunden sind keine Seltenheit. Wenn Sie dann auch noch drei Kinder haben, dann muss das doch eine sehr große Herausforderung darstellen?

Das geht teilweise wirklich an die körperliche Substanz. Ich habe das mit meinem ersten Kind voll mitgemacht. Dazu kann ich zwei Anekdoten erzählen:

Nach der Geburt meines Sohnes habe ich mit einer 80 Prozent-Stelle wieder angefangen. Ich wollte jeden Freitag zuhause sein. Das hat gerade einmal drei Freitage geklappt. Von der Projektzusammenarbeit hat es einfach nicht funktioniert. 100 Stunden die Woche habe ich allerdings auch vorher nie gearbeitet. Ich war bei einer kleineren Firma beschäftigt, bei der immer schon auf Spitzenausgleich und gleichmäßige Auslastung im Team geachtet wurde und wo sehr effizient mit Ressourcen umgegangen wurde. Aber natürlich gehört Wochenendarbeit dazu. Dann müssen Sie jeden freien Moment, wenn das Kind schläft, nutzen, um zu arbeiten. Am Wochenende war ich also begrenzt auf die Schlafzeiten meines Kindes.

Und zur zweiten Anekdote: Ich suchte damals für die 80 Prozent-Stelle eine geeignete Betreuungsform, weil ich wollte, dass meine Kinder zumindest das erste Jahr zuhause betreut wurden, bis sie laufen und sich in einer Krippe ein wenig selbst behaupten können. Ich musste gleich zwei Kinderfrauen engagieren und andere Betreuungsmöglichkeiten auftun, weil ich keine Kinderfrau gefunden habe, die die langen Arbeitszeiten mitgemacht hätte.

Wie lange fällt ein Arbeitstag bei Ihnen aus?

Als ich noch in der Projektarbeit im M&A-Bereich arbeitete und ein Kind hatte, war ich von etwa 8.30 bis 20 Uhr von zuhause weg. Dann konnte ich meinem kleinen Sohn noch ein Gute-Nacht-Lied singen, bevor er ins Bett gegangen ist. Doch das eigentliche Problem war: Die Reisezeiten waren extrem. Sobald Sie den 6.50 Uhr-Flieger nach München nehmen, dann muss die Kinderfrau um 5.30 Uhr kommen und die Schlüssel und das noch schlafende Kind übernehmen. Das fand ich schon sehr anstrengend, aber Reisetätigkeit gehört nun einmal zum Projektgeschäft. Jetzt habe ich Arbeitszeiten, die etwa von 8.30 bis 18.30 oder 19 Uhr dauern. Damit bin ich zur Abendessenszeit zuhause. Einen Nachmittag in der Woche versuche ich um 15 oder 16 Uhr zu gehen – das funktioniert nicht jede Woche, aber doch jede dritte Woche.

Was würden Sie jungen Frauen in M&A als Rat mitgeben. Wie lassen sich Kind und Karriere vereinbaren? Welche Tipps haben Sie auf Lager?

Der erste Tipp lautet, Leute anzusprechen, die das schon gemacht haben. Ich bin z.B. bei den Working Moms aktiv. Das ist ein Verein, wo wir uns einmal im Monat über Themen wie Kinderbetreuung bei den Kleineren unterhalten. Jetzt rücken andere Themen wie Pubertät stärker in den Vordergrund. Die andere Hälfte der Zeit machen Karrierethemen aus. Das wichtigste ist, einfach zu fragen: Wie macht man das? Ich habe beispielsweise schon häufig erklärt, wie man eine Kinderfrau findet.

Der zweite Tipp lautet: Nicht alles zu planen. Zuerst sollte man das machen, was einem Spaß macht – unabhängig von der Familienplanung – also wie in meinem Fall z.B. bei PwC im Bereich Corporate Finance anzufangen. Ist dann wirklich mal ein Kind da und man ist gut, weil es einem Spaß macht, dann gibt es immer eine Lösung, davon bin ich überzeugt. Wenn man etwas auswählt, wo das Herz nicht so richtig dabei ist, dann wächst die Versuchung, mit Kindern zuhause zu bleiben, obwohl man sich das einmal anders vorgestellt hatte.

Und der dritte Tipp heißt: Jedes Modell zu akzeptieren. Wenn man meint, man müsse zuhause bleiben, dann bleibt man zuhause. Wenn man das Gefühl hat, es ist wichtig für einen selbst, auch im Job dabeizubleiben, dann sollte man weiterarbeiten.

Mal ganz direkt: Stellen Kinder bei der Karriere kein Hindernis dar? Mit Kindern kann man an Abenden oder Wochenenden nicht arbeiten, andere Kollegen aber schon.

Mit Kindern verliert man Flexibilität, das lässt sich überhaupt nicht wegdiskutieren. Es steht und fällt aber damit, ob Sie einen Förderer oder Mentor finden. Wenn Ihnen der Job Spaß macht und es Leute gibt, die gerne mit Ihnen zusammenarbeiten, dann finden Sie den auch. Ich sage ganz bewusst „den“, da dies meist immer noch ein Mann ist.

Wie sehen denn die Realitäten aus? Die Branche stellt doch immer noch eine Männer-Domäne dar. Wie viele von ihren über 450 Kollegen sind Frauen?

Insbesondere gibt es zu wenige weibliche Führungskräfte. Bei den Einstellungen von jungen Frauen sind wir gut dabei. Wir sehen allerdings auch, dass sich viele Frauen sagen, „Ich möchte gar nicht in diesen Bereich“, weil sie schon früh daran denken, dass dies mit anderen Lebenszielen unvereinbar ist. Denen sage ich, wie toll es ist, dass ein Kind in der Schule sagen kann, meine Mutter ist Chefin. Und übrigens: Kinder kann man auch nicht planen, also ich würde nicht meine Karriereplanung auf die Kinderplanung abstellen.

Ein anderer Grund, wieso es zu wenige weibliche Führungskräfte gibt, liegt daran, dass immer auch zwei dazu gehören. Und ich kenne ganz viele Paare, wo der Mann einen Job hat, der noch mehr Flexibilität verlangt und wo die Frau gar nicht erst wagt, den Wunsch aufzubringen, ein wenig Flexibilität in der Beziehung selbst wahrzunehmen.

Und noch ein ganz wesentlicher Punkt: Viele Männer in Führungspositionen sagen sich: Wenn die Kollegin schwanger ist, dann ist sie erst einmal weg. Und dabei würde die Kollegin gerne in Kontakt bleiben, weiß nur nicht, wie. Es hat also viel mit den Denkweisen und Wahrnehmungen zu tun.

Die Branche steht sicherlich im Ruf, etwas testosteronlastig zu sein. So manche Frau erzählt, dass sie in diesem männlich geprägten Umfeld nicht glücklich ist. Stellt dies vielleicht auch ein Problem dar?

Das höre ich auch ganz oft, z.B. von Praktikantinnen. Ganz banal: Beim Late Night-Dinner, wenn man also lange arbeiten muss und gemeinsam im Büro isst, dreht sich das Gespräch oft um Fußball. Wenn man nicht zu den fußballbegeisterten Frauen zählt, dann kann man sagen: OK, ich höre mir das einmal an. Man kann aber auch sagen, dass man mal über etwas anderes sprechen möchte.

Ja, wir sind hier in einer Männerwelt. In sehe auch Unterschiede zwischen den einzelnen Bereichen: Wo wirklich die Kollegen wochenlang abwesend und in der Beratung sehr nah am Kunden sind, da wird es schon sehr schwierig, jeden Tag bei den Kindern zu sein. Da muss man als Frau ein wenig wendiger sein, was für die Karriere nicht unbedingt schädlich ist, weil man dann auch einmal etwas anderes sieht.

Wie sieht das denn bei größeren Investmentbanken aus? Fällt es dort schwerer Kinder und Karriere zu vereinbaren?

Ich glaube im Moment haben wir folgendes Thema: Gegenwärtig lastet auf den US-Investmentbanken – auch hier in Deutschland – beim Thema Diversity so ein Druck, dass es momentan gar nicht genügend Frauen gibt, die gefördert werden können. Man fördert jetzt fast schon jede Frau, was wieder den Neid der Männer aufkommen lässt. Derzeit bieten sich für Frauen enorme Karrierechancen. Manchmal frage ich mich allerdings, welche Folgen dies für das Selbstbewusstsein der Frauen hat, ob die Frauen fürchten, dass sie nur gefördert werden, weil sie weiblich sind.

Mal zu den praktischen Aspekten: Was veranstaltet z.B. PwC, um die Vereinbarkeit von Karriere und Kindern zu fördern?

Es gibt einen Betriebskindergarten und viele Arbeitgeber sichern sich zusätzlich über Sponsoring Kindergartenkapazitäten, die sich nicht am Arbeitsplatz in Frankfurt, sondern am Heimatort befinden. Viele schließen sich auch der Notfallbetreuung an, wenn ein Kind einmal krank wird.

Was ich bei PwC wirklich super finde: Das Unternehmen bietet an, dass man einen Teil seines Bonus in Freizeit umwandeln kann. Ganz konkret: Ich komme gerade aus einem vierwöchigen Urlaub zurück. Von meinem ersten Bonus habe ich mir 20 zusätzliche Urlaubstage gekauft. Ich habe aber im Bewerbungsgespräch mit meinem Chef bereits abgestimmt, dass ich das jedes Jahr machen werde, weil mir sehr daran gelegen ist, dass ich in den Sommerferien vier Wochen am Stück mit meinen Kindern verbringe. Da der August  tendenziell ein Urlaubsmonat ist, passt es auch zu unserem Business.

Wie verändern sich die Probleme, wenn die Kinder älter werden?

Viele Frauen bleiben bei der Karriere nicht am Ball, weil sie sagen: Ich kann ein kleines Baby nicht weggeben. Ich denke, am Anfang ist es für die Kinder viel leichter, wenn die Mutter mal nicht da ist – vorausgesetzt eine liebevolle Betreuung ist da. Ich halte dies für keine Hürde zügig wieder einzusteigen. Und man muss wirklich dranbleiben, um in der Karriere erfolgreich zu sein.

Schwieriger sieht es beim Thema Schule aus. Da gibt es oft auch zu wenig Unterstützung vom Arbeitgeber. Es wird viel mit Krippen und Kindergärten gemacht. Doch meine Freundinnen haben eher mit sechs Wochen Sommerferien und der Organisation der Betreuung in dieser Zeit zu kämpfen. Darüber hinaus haben Schulkinder ganz andere Themen, für die Sie Zeit und Muße brauchen. Dies stellt auch den Grund dar, wieso es für mich derzeit keine Frage darstellt, ins Projektgeschäft zurückzukehren. Ich möchte am Abend auch die Dinge ansprechen, die meine Kinder wirklich berühren.

Sie sind ja schon einige Zeit in der Branche. Wie hat sich die Einstellung der Arbeitgeber zu dem Thema im Laufe der Jahre verändert?

Das hat sich deutlich geändert. Es ist heute viel normaler, dass selbst bei hohen Führungskräften auch die Partnerin berufstätig ist. Das alte Modell „ Wenn der Mann viel Geld verdient, bleibt die Frau zuhause“, ist kein Automatismus mehr. Darüber hinaus stehen die Unternehmen heute massiv unter Druck, Erfolge in der Förderung von weiblichen Kolleginnen vorweisen zu können. Das ist manchmal schon so extrem, dass man sagen möchte: Nun vergesst einmal, dass ich eine Frau bin.

Werden Frauen in der Branche immer noch schlechter als Männer bezahlt?

Das kann ich nicht bestätigen. Sowohl bei meinem vorherigen Arbeitgeber als auch bei PwC wird leistungsbezogen bezahlt.

Wie stehen Sie zu dem Thema Frauenquote in Vorständen?

Die Quote stellt wahrscheinlich das einzige Mittel dar, etwas zu verändern. Dennoch muss man bei den zeitlichen Vorgaben aus einem einfachen Grund sehr vorsichtig sein: Die Kandidatinnen mit einer einschlägigen Qualifikation stehen nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung.

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