Auf nahezu jeder Website einer Investmentbank finden sich Tipps, wie Bewerber ein Vorstellungsgespräch bewältigen. Doch leider handelt es sich dabei zumeist um nichtssagende Gemeinplätze. Bei Mark Hatz ist das glücklicherweise anders. Hatz hat vier Jahre lang für Goldman Sachs und Perella Weinberg Partners in Paris, London und Dubai gearbeitet und während dieser Zeit an zahllosen Vorstellungsgesprächen für Analysten- und Associate-Stellen teilgenommen. Mittlerweile hat er das „Investment Banking Interview Preparation Pack“ verfasst, das Absolventen und MBA-Studenten dabei helfen soll, einen Job in M&A zu ergattern. Hatz hat uns zehn Tipps gegeben, wie Sie ein Vorstellungsgespräch meistern.
1. Die richtige Einstellung ist von entscheidender Bedeutung
Allein 70 Prozent der Gesamtbeurteilung entfällt auf die richtige Einstellung. Schließlich müssen die jüngsten Banker auch die längsten Arbeitszeiten ertragen. Daher achten die Associates in einem Vorstellungsgespräch auf flexible, angenehme Persönlichkeiten; Leute, die immer bereit dazu sind, eine enorme Arbeitsbelastung anzunehmen und mit denen man 15 Stunden täglich am Arbeitsplatz verbringen kann. Im Vergleich dazu spielen die Fragen, ob Sie ins Team passen, nur eine untergeordnete Rolle. Auch wenn Ihre Antworten auf diese Fragen nur dürftig ausfallen, können Sie trotzdem erfolgreich sein. Dagegen dürfen Sie niemals als schwierige Persönlichkeit erscheinen.
Doch so wichtig eine positive Einstellung ist, sollten doch auch Fachkenntnisse gezeigt werden. Bei dem Beruf geht es ums Ansehen und solide Finanzkenntnisse stellen den besten Weg dazu dar, Respekt zu erwerben. Falls Sie beides im Vorstellungsgespräch demonstrieren können, dann ist der Erfolg fast schon garantiert.
2. Versuchen Sie zu lächeln
Sie würden sich wundern, wie viele Kandidaten vergessen zu lächeln – wohl aufgrund des Stresses. Wenn ich mit jemanden auf der anderen Seite des Tisches spreche, dann möchte ich das sehen. Lächeln Sie einfach und genießen Sie den Moment, das stellt nichts anderes als eine Pflichtübung dar.
3. Vier Wege, wie Sie Bescheidenheit üben
Zunächst sollten Sie kein übersteigertes Selbstbewusstsein zu Schau stellen. Zeigen Sie Respekt und lassen Sie die Gesprächspartner niemals spüren, dass Sie mehr als sie wissen. Das Investmentbanking ist immer noch eine hierarchisch geprägte Branche. Ihre Motivation und Ihr Ehrgeiz sollten nie so weit führen, dass sich die Gesprächspartner unangenehmen fühlen.
Versuchen Sie zweitens Ihre Antworten so kurz und prägnant wie irgend möglich zu formulieren. Geben Sie immer nur Zusammenfassungen und überlassen Sie es den Gesprächspartnern, nach Details zu fragen. Bei einem Vorstellungsgespräch handelt es sich um einen kleinen Test. Also zeigen Sie, dass junge Banker – angesichts von zu viel Arbeit und zu wenig Schlaf – schnell auf den Punkt kommen können.
Drittens sollten Sie langsam und deutlich sprechen. Nicht zuletzt sollten Sie den Gesprächspartnern gut zuhören und ihn keinesfalls unterbrechen.
4. Dennoch sollten Sie ein gesundes Selbstvertrauen zeigen
Doch Sie können auch Selbstbewusstsein zeigen, ohne in Arroganz abzugleiten. Erstens rate ich Ihnen zu sagen, was Sie wirklich denken. Die erfolgreichen Kandidaten sind ehrlich bei ihren Antworten – gleich welche Meinungen die übrigen Gesprächsteilnehmer vertreten. Wenn Sie dies geschickt anstellen, dann zeigen Sie sich als ehrliche und reife Persönlichkeit. Die Gesprächspartner sind oft auch nicht talentierter als Sie. Vielmehr sind sie älter und verfügen über mehr Berufserfahrung.
Und schließlich wird von niemandem, der sich auf eine Analystenstelle bewirbt, erwartet, alles zu wissen (wie z.B. Kenntnisse in Finanz-Modellierung). Falls Sie von verschiedenen Banken zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden, dann werden Sie recht schnell feststellen, dass die Vorstellungsgespräche allesamt ganz ähnlich ablaufen. Es wiederholen sich die immer gleichen Fragen. Daher müssen Sie sich auf die Kernfragen vorbereiten: Passen Sie ins Team? Bringen Sie die fachlichen Voraussetzungen mit? Und stellen Sie sich auf Brainteaser ein.
5. Bereiten Sie sich gut auf die Frage vor, ob Sie zum Unternehmen passen
Bereiten Sie einen Elevator-Picht vor. Stellen Sie sich vor, Sie verbringen gemeinsam mit dem Gesprächspartner drei Minuten in einem Fahrstuhl: In dieser Zeit müssen Sie Ihre Bewerbung in vier Punkten zusammenfassen: Wieso gerade diese Branche? Wieso dieses Unternehmen, diese Region und wieso sind ausgerechnet Sie die passende Besetzung für die Stelle? All das will man von Ihnen in einem Vorstellungsgespräch hören.
Bei Ihrer Vorbereitung sollten Sie sich diese vier Fragen selbst stellen. Überlegen Sie sich ehrliche Antworten und legen Sie sich die stärksten Gründe dafür zurecht, wieso das Unternehmen Sie anheuern sollte. Dabei können Sie sich an den folgenden Punkten orientieren.
6. Sie müssen Lernfähigkeit zeigen
Jeder in der Branche geht davon aus, dass Neueinsteiger in die Branche nur wenige Kenntnisse mitbringen. Vielmehr handelt es sich in den Augen der erfahreneren Mitarbeiter lediglich um unbeschriebene Blätter, die einzig und allein dazu da sind, gefüllt zu werden und sich einzuarbeiten. Sobald es also zu den Motivationsfragen kommt, sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, dass Banken großen Wert auf Lernfähigkeit legen. Die Lernkurve ist steil, die Arbeitszeiten lang und der Kontakt mit dem Senior Management kommt rasch.
7. Im Banking dreht sich alles um Menschen
Die führenden zehn Banken in jedem Geschäftsfeld sind im Grunde alle gleich: Sie beraten alle die gleichen Formen von Transaktionen, verfügen sämtlich über die gleiche Unternehmenskultur und beschäftigen den gleichen Menschenschlag – ganz gleich was sie auch sagen. Wenn Sie also erläutern, weshalb Sie sich gerade bei diesem Unternehmen bewerben, dann sollten Sie Branchenrankings, Transaktionsvolumen, Unternehmenskultur und die Intelligenz der Mitarbeiter unerwähnt lassen, denn diese sind irrelevant. Die beste Antwort lautet, dass Sie mit einigen Leuten aus dem Unternehmen gesprochen haben und dass Sie erpicht darauf sind, mit ihnen zusammenzuarbeiten und von ihrer Erfahrung zu profitieren. Versuchen Sie über das Ehemaligen-Netzwerk Ihrer Hochschule, Social Media-Plattformen und Recruitment-Events Mitarbeiter des Unternehmens zu kontaktieren. Falls Sie bislang keine Gelegenheit gefunden haben, mit irgendeinem aus dem Unternehmen zusprechen, dann sprechen Sie über die Leute, die Sie in den vorhergehenden Vorstellungsgesprächen bei dem Institut kennengelernt haben.
8. Investmentbanken wollen Anzeichen für zwei Qualitäten sehen
Wenn Investmentbanken fragen, wieso Sie gerade der Richtige für den Job sind, dann wollen Sie nichts von Fachkompetenzen hören. Es gibt zwei besondere Qualitäten, die Investmentbanken bei jüngeren Bewerbern erwarten: dass Sie teamfähig und fleißig sind. Falls Sie diese beiden Eigenschaften in einem Vorstellungsgespräch nicht glaubhaft vermitteln können, dann haben Sie Ihre Chancen verspielt.
Allerdings verfügen Investmentbanking-Boutiquen oft nicht über die Ressourcen, Berufseinsteiger auszubilden und sind daher eher an jüngeren Bankern interessiert, die bereits ein wenig Berufserfahrung im Investmentbanking sammeln konnten und sofort an Projekten mitarbeiten können. Falls dies bei Ihnen der Fall ist, dann sollten Sie dies auch im Interview klar vermitteln.
9. Bringen Sie Kenntnisse in Rechnungslegung mit
Bei den fachlichen Fragen dreht sich in M&A nicht alles um Unternehmensbewertungen, sondern auch um Kenntnisse in der Rechnungslegung. Ohne Kenntnisse darin, haben Sie nur geringe Chancen, besonders weil dies für Finanzierungsmodelle erforderlich ist.
10. Unterschätzen Sie nicht die Bedeutung von Brainteasern
Falls Sie während des Interviews mit Brainteasern und mathematischen Aufgaben zu kämpfen haben – was unter Stress durchaus vorkommen kann, dann sind Sie schnell raus aus dem Spiel. Selbst wenn Sie bei der Beantwortung der Fachfragen glänzen konnten.
Bei Brainteasern kann es sich um Rollenspiele handeln, nach dem Motto: „Was würden Sie in der Situation XYZ unternehmen. Aber auch um Einschätzungen der Marktgröße: „Wie viele Heiraten finden jedes Jahr in China statt)“ oder logische bzw. mathematische Aufgaben. Doch auch dabei gilt: Die Übung macht den Meister.
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